November 2025
Sachbezüge im Visier der Lohnsteueraußenprüfung (Schwerpunktthema)
Aktivrentengesetz
Steueränderungsgesetz
Weitere Informationen
1. Sachbezüge im Visier der Lohnsteueraußenprüfung (Schwerpunktthema)
Wichtiger Vorabhinweis
Mit diesem Text sollen weder einzelne Anbieter bevorzugt noch benachteiligt werden. Es handelt sich bei den getroffenen Aussagen, um die Ergebnisse der Rechercheleistungen im Vorfeld der Erstellung dieses Textes.
Seit der Reform des Sachbezugsrechts zum 01.01.2020 mit dem JStG 2019 gibt es leider auch weiterhin keine Entspannung bei dem Thema Sachbezüge bzw. konkret, wann denn überhaupt ein Sachbezug vorliegt.
Aufgrund des Moratoriums bis zum 31.12.2021 und nachdem mit dem BMF-Schreiben vom 15.03.2022 die meisten Kritiker verstummt waren, da sie nun eine praktische Umsetzungsmöglichkeit hatten, wurde es eine Zeitlang ruhiger um das Thema Sachbezüge. Seit die ersten Lohnsteueraußenprüfungen jedoch die Sachbezüge und hier insbesondere natürlich jene unter Anwendung der 3 Nettolohnoptimierungsmethoden (50 € Sachbezugsfreigrenze, § 37b EStG und Aufmerksamkeiten bis zu 60 € je Anlass) vermehrt prüfen, erreicht die Verunsicherung aktuell aufgrund dreier Entwicklungen einen neuen Höchststand:
Gutscheine mit „Barauszahlungsfunktion“ / „Rücktauschoptionen“
Gutscheine sind definitiv als Barlohn zu behandeln, sofern diese über eine sog. „Barauszahlungsfunktion“ verfügen.
Die Gutscheine von Aldi (Süd) und Edeka (in großen Teilen) werden durch einen Fremdanbieter zahlungstechnisch abgewickelt, d.h. diese werden tatsächlich nicht von Aldi und Edeka ausgegeben, verwaltet und abgerechnet, sondern von einem fremden Zahlungsdienstleister.
In den agBs dieser Anbieter wird zwar eine Barauszahlung des Gutschein- / Kartenguthabens in den jeweiligen Geschäften / Filialen / Märkten der betroffenen Händler ausgeschlossen, aber es gibt in beiden Fällen ein Recht auf Rücktausch beim Zahlungsdienstleister selbst.
Dieses Rücktauschrecht besteht darin, dass der Gutschein bzw. die Guthabenkarte zurückgesendet und nach Abzug eines Bearbeitungsentgelts das Restguthaben in voller Höhe ausgezahlt wird.
Erschwerend kommt hinzu, dass es in beiden Fällen zwar eine Vertragslaufzeit von 36 Monaten gibt, diese aber jederzeit fristlos gekündigt und das Rücktauschrecht somit ebenfalls jederzeit in Anspruch genommen werden kann.
Die Kombination aus jederzeitigem Rücktausch und damit verbundener jederzeitiger voller Auszahlung des Restguthabens (abzgl. des vernachlässigbaren Bearbeitungsentgelts) betrachtet die Finanzverwaltung aktuell als „Barauszahlungsfunktion“.
Erwerb von Drittanbietergutscheinen an der Ladenkasse
Bei nahezu allen Einzelhändlern und auch an fast jeder Tankstelle sind Gutscheine von Drittanbietern erhältlich.
Gutscheine sind jedoch nur dann ein Sachbezug, sofern mit diesen Gutscheinen ausschließlich Waren und Dienstleistungen erworben werden können.
Ein Gutschein selbst stellt aber weder eine Ware noch eine Dienstleistung dar, sondern ein sog. „Geldsurrogat“, d.h. ich erwerbe mit dem Gutschein das Recht, beim Herausgeber/Emittenten entsprechende Waren oder Dienstleistungen erwerben zu können, aber der Gutschein selbst ist weder noch.
Auch die Ausnahme der Portallösungen bei z.B. Edenred, Sodexo, Pluxee etc. bietet hier keine Rettung, da diese nur dann einen Sachbezug darstellen, wenn ein ausschließlicher Erwerb von anderen Gutscheinen möglich ist, welche selbst einen Sachbezug darstellen. Der Erwerb an der Ladenkasse ist jedoch nicht ausschließlich, sondern auch möglich.
Ebenso sind auch die 2-stelligen PLZ-Bezirke (z.B. auch bei Spendit, Givve etc.) oder auch die City- und Center-Gutscheine kein Garant mehr für die Anerkennung von Sachbezügen, sofern in den jeweiligen regionalen Bereichen Shops die Möglichkeit anbieten, Drittgutscheine an der Ladenkasse zu erwerben, was faktisch immer der Fall sein dürfte.
Gutscheine, welche im Konzernverbund einlösbar sind
Ebenfalls nicht mehr als Sachbezug werden aktuell (und auch vorher schon; Stichwort „Marketplace“) Gutscheine angesehen, mit welchen nicht nur beim Emittenten selbst Waren oder Dienstleistungen erworben werden können, sondern auch bei Dritten und somit auch im Konzernverbund. Dies ist aktuell z.B. bei Edeka in Kombination mit Marktkauf und Lidl in Kombination mit Kaufland möglich.
Einschätzung des Autors allgemein
Die Gesamtgemengelage am Gutscheinmarkt im Hinblick auf die Anerkennung als Sachbezug ist aktuell leider äußerst schwierig.
Die grundsätzlichen Einwände der Finanzverwaltung hinsichtlich der Barauszahlungsfunktionen, der Gutscheine im Konzernverbund und des Erwerbs von Drittgutscheinen an den Kassen der Super- und Baumärkte sowie Tankstellenshops sind aus rein lohnsteuerlicher und gesetzlicher Sicht nachvollziehbar und leider kaum zu beanstanden.
Auch eine steuerwirksame Infektion selbst der großen Portale ist unter diesen Umständen nach aktueller Lage denkbar, sofern diese nicht über entsprechende Vertragsklauseln verfügen, welche ihren Anbietern die schädliche Verwendung untersagen, d.h. Verbot von Bargeldauszahlungen und Rücktauschoptionen, Verbot eines Drittgutscheinerwerbs und Verbot des Einsatzes von Gutscheinen im Konzernverbund.
Ein neues BMF-Schreiben zwecks Klarstellung der Thematik liegt zwar im Bereich des Möglichen, denn schließlich hat die „Gutscheinlobby“ mit den Änderungen im BMF-Schreiben vom 15.03.2022 ja bewiesen, dass sie die Finanzverwaltung / den Gesetzgeber durchaus zu Zugeständnissen und Optionen bewegen kann, aber ob und wann ein solches neues BMF erscheinen wird und ob dieses dann auch den gewünschten Inhalt hat, ist aktuell leider nicht absehbar.
Handlungsempfehlung
Um bei den Sachbezügen (zumindest nach aktuellem Kenntnisstand) auf der sicheren Seite zu sein, empfiehlt sich die Einhaltung der nachfolgenden Vorschläge:
Einholung einer Lohnsteueranrufungsauskunft für jedweden Sachbezug unter Zugrundelegung der gesamten agBs und Vertragsbestandteile der Anbieter inkl. der möglicherweise im Hintergrund agierenden Zahlungsdiensteanbieter
Erwerb ausschließlich von Gutscheinen, welche nicht zum Kauf von Drittgutscheinen berechtigen oder bei denen der Emittent keine im Sortiment hat, es sei denn, es handelt sich um eine geprüfte Portallösung
Wichtig
Sofern der Anbieter keine Drittgutscheine im Sortiment hat, müsste dies tatsächlich regelmäßig geprüft werden, da er diese ja jederzeit mit den o.g. Konsequenzen einführen könnte.
Nutzung von geprüften Portallösungen mit Nachweis der entsprechenden Klauseln (s.o.)
Nutzung von sehr begrenzten Dienstleistungs- und Warenangeboten, wie z.B. Mobilitätsbudgets (Bahn, Uber, Taxi, Tanken)
Verbot seitens des Arbeitgebers für den Erwerb von Drittgutscheinen unter Absicherung einer Lohnsteueranrufungsauskunft
Wichtig
§ Dieses Verbot muss lückenlos dokumentiert sein, d.h. von der Ausgabe des Gutscheins unter Angabe der Nummer bis zum Kassenbon ebenfalls unter Angabe des verwendeten Gutscheins, bis zu einer Liste der noch nicht eingelösten/angesammelten Gutscheine zum Jahresende.
§ Bei mangelnder Dokumentation wird die Finanzverwaltung ansonsten einen „Anscheinsbeweis“ für den Erwerb von Drittgutscheinen vermuten, d.h. „es bestand die Möglichkeit, mangels Kontrolle durch den Arbeitgeber Drittgutscheine zu erwerben, also wurde diese auch genutzt“.
Ausgabe von realen Sachbezügen (Getränke, Lebensmittel, eigenes Produkt-/Dienstleistungssortiment etc.)
Nutzung von Versicherungsleistungen für die eigenen Mitarbeiter im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements (z.B. für betriebliche Krankenversicherungen oder Fitnessstudiomitgliedschaften)
Vorsicht bei der Gestaltung
Vertragspartner und Zahlungsverpflichteter muss immer der Arbeitgeber sein, da es sich sonst um eine zweckgebundene Geldleistung oder nachträgliche Kostenerstattung handelt.
2. Aktivrentengesetz
Ab dem 1. Januar 2026 soll nach dem Beschluss der Bundesregierung in Deutschland eine neue steuerliche Begünstigung für weiterarbeitende Personen im Rentenalter eingeführt werden: die sogenannte „Aktivrente“.
Hierbei handelt es sich um eine Steuerfreistellung für laufenden Arbeitslohn bis zu einer Höhe von 2.000 € pro Monat bzw. 24.000 € pro Jahr, soweit dieser nach dem Erreichen der Regelaltersgrenze zufließt. Personen, die eine abschlagsbehaftete Altersrente vor der Regelaltersgrenze beziehen (z. B. „Rente mit 63“), profitieren somit erst ab dem Monat, in dem die Regelaltersgrenze erreicht wird.
Beachten Sie: Nachlaufende Zahlungen für Zeiträume vor Erreichen der Regelaltersgrenze (z. B. Abfindungen) und andere Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit (z. B. Zuwendungen bei Betriebsveranstaltungen, Beiträge zu einer betrieblichen Altersversorgung etc.) sollen nicht begünstigt sein.
Weitere Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Aktivrente soll sein, dass Arbeitgeberbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung für die betreffenden Einnahmen geschuldet sind. Daher sind bspw. geringfügig Beschäftigte i. S. d. § 8 SGB IV (sog. Minijobber), aber auch beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH nicht begünstigt. Die Steuerfreiheit gilt auch nicht für Einkünfte aus selbstständiger Arbeit, Honoraren, Land- und Forstwirtschaft, beamteten Dienstverhältnissen oder Betriebsrenten.
Der Aktivrentner muss einem Arbeitgeber bestätigen, dass die Steuerbefreiung der „Aktivrente“ nicht bereits in einem anderen Dienstverhältnis berücksichtigt wird. Diese Bestätigung muss der Arbeitgeber im Lohnkonto aufbewahren. Damit soll verhindert werden, dass die steuerfreien Einnahmen von monatlich bis zu 2.000 € aus der Weiterbeschäftigung als sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmer parallel bei mehreren Arbeitgebern bezogen werden.
Beachten Sie: Die sozialversicherungsrechtliche Behandlung von Arbeitnehmern, die nach Erreichen der Regelaltersgrenze und Bezug der Altersrente weiter beschäftigt sind, bleibt laut dem vorliegenden Entwurf grds. unverändert. D.h. der Arbeitgeber hat zum einen den Arbeitgeberanteil zur Kranken- und Pflegeversicherung zu tragen und zum anderen die Beiträge in die Rentenversicherung, obwohl es sich bei dem Beschäftigten im Rahmen der Aktivrente um einen Rentner handelt. Damit werden deutlich weniger als 2.000 € monatlich auf dem Konto des Aktivrentners landen.
Mehrere Detailfragen, z.B. wie Werbungskosten zu berücksichtigen sind, sofern der Aktivrentner monatlich über den steuerfreien Betrag von 2.000 € Arbeitseinkünfte erzielt, sind noch ungeklärt. Wir werden Sie in der weiteren Entwicklung des Gesetzgebungsverfahrens auf dem Laufenden halten.
3. Steueränderungsgesetz
Der Bundestag hat am 08.10.2025 ein Steueränderungsgesetz 2025 beschlossen.
Im Wesentlichen sind folgende Maßnahmen geplant:
Anhebung der Entfernungspauschale für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sowie Entfristung der Mobilitätsprämie
Die Entfernungspauschale soll auf 38 Cent nunmehr ab dem ersten Entfernungskilometer für alle Steuerpflichtigen gewährt werden. Daneben soll die sogenannte Mobilitätsprämie für Steuerpflichtige mit geringeren Einkünften auch über die noch aktuell vorgesehene Befristung bis Ende des Jahres 2026 verlängert werden. Beide Änderungen sollen am 01.01.2026 in Kraft treten;
Reduzierung der Umsatzsteuer für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen:
Zur wirtschaftlichen Unterstützung der Gastronomiebranche soll der Umsatzsteuersatz auch für sog. Restaurationsleistungen – also dem Verzehr in der Gaststätte oder ähnlichen Einrichtungen – dauerhaft auf den ermäßigten Satz von 7 % abgesenkt werden. Damit entfällt ab dem Jahr 2026 eine Differenzierung zwischen gelieferten oder mitgenommenen Speisen und Verzehrleistungen vor Ort, welche bereits aktuell dem ermäßigten Steuersatz unterliegen. Durch die dauerhafte Steuersatzsenkung für Speisen in der Gastronomie entfallen zudem Abgrenzungsschwierigkeiten (z.B. bei Cateringleistungen, bei Kita- und Schulessen oder bei der Krankenhausverpflegung), die in der Vergangenheit daraus resultierten, dass Lieferungen von Lebensmitteln mit wesentlichen Dienstleistungselementen dem regulären Umsatzsteuersatz, ohne wesentliche Dienstleistungselemente jedoch dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterlagen.Zu beachten ist, dass die Absenkung des Steuersatzes nur für die Abgabe von Speisen, nicht jedoch auf Getränke gilt. D. h. bei der Bewirtung mit Getränken bleibt es insoweit bei der Besteuerung mit dem Regelsatz von derzeit 19 %. Die Regelung soll am 01.01.2026 in Kraft treten.
Der Gesetzentwurf sieht umfassende Änderungen im Gemeinnützigkeitsrecht vor. Hervorzuheben sind hierbei
o die Anhebung der Freigrenze für den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb auf 50.000 €;
o Anhebung der Übungsleiter- und Ehrenamtspauschale auf 3.300 € bzw. 960 € ab 01.01.2026 sowie
o die Anhebung der Freigrenze bei der Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung auf 100.000 €.
Der Gesetzentwurf enthält weitere Regelungen u.a.
Zur digitalen Bekanntgabe von Steuerbescheiden;
Anpassungen der EU-Beihilfenrechtlichen De-Minimis-VO;
Sonderregelungen zur Zollabwicklung.
In einer ersten Stellungnahme hat der Bundesrat weitergehende Entlastungen für Länder und Kommunen gefordert. Hier bleibt das weitere Gesetzgebungsverfahren abzuwarten, über welches wir Sie gerne in unserem Mandanteninfobrief zum Jahresende auf dem Laufenden halten.
4. Weitere Informationen
Die vorstehenden Ausführungen und Beiträge sind nach bestem Wissen und Kenntnisstand verfasst worden. Es handelt sich nicht um abschließende Informationen und ersetzt keine Beratung. Eine Haftung für den Inhalt dieses Informationsbriefs kann daher nicht übernommen werden.
Gerne beraten wir Sie zu diesen und anderen Themen.
Bitte vereinbaren Sie bei Interesse einen Besprechungstermin. Wir analysieren individuell Ihre persönliche Situation, zeigen Ihnen Vor- und Nachteile auf und geben Ihnen Gestaltungsempfehlungen.